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Palazzo Venezia (Neapel)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Palazzo Venezia in Neapel: Fassade

Der Palazzo Venezia (oder auch Palazzo Capone San Marco) ist ein Palast aus dem 15. Jahrhundert im Viertel San Giuseppe von Neapel in der italienischen Provinz Kampanien. Er liegt in der Via Benedetto Croce, 19.

Der Palast ist das historische Zeugnis eines Miteinanders über 400 Jahre lang dauernder politischer und wirtschaftlicher Beziehungen zwischen der damaligen Republik Venedig und dem Königreich Neapel.

Den Palast, der bis 1412 den Sanseverinos von Matera gehörte, schenkte König Ladislaus von Neapel in diesem Jahr der Republik Venedig, damit diese ihn als Wohnstatt für ihre Botschafter und Generalkonsuln in Neapel nutzen konnte.[1][2]

In einer Überlassungsurkunde an den Dogen Michele Steno ist die Lage der Immobilie als bei dem Wohnhaus eines gewissen Giovanni Brancaccio (genannt „Guallarella“), in der Nähe des Gartens der Kirche San Domenico Maggiore und am zentralen Abschnitt der Spaccanapoli, der heute nach Benedetto Croce benannt ist, bezeichnet. Von der Beschreibung in der Überlassungsurkunde kann man ableiten, dass der Palast eine Ausdehnung vom Kloster San Domenico Maggiore bis zu dem Grundstück, auf dem 1512 der Palazzo Filomarino neu gebaut und erweitert wurde, gehabt haben muss.

Der Palast erreichte seinen höchsten Glanz zwischen dem 15. und dem 16. Jahrhundert. 1443 bekräftigte Alfons V. von Aragón die Überlassung des Gebäudes an die Republik Venedig und jagte so Amerigo Sanseverino, Graf von Capaccio, fort, der das Gebäude bewohnte und ein Erbrecht wegen der Flucht der Diplomaten der Republik Venedig aufgrund eines Nachfolgestreits zwischen René I. von Anjou und Alfons V. um den Thron von Neapel geltend machte.[3] Mitte des 16. Jahrhunderts verfiel das Gebäude vollständig zu einer Ruine ein gewisser ‚‚Giuseppe Zono‘‘ kümmerte sich per Dekret des venezianischen Senats 1610 um die Restaurierung und Verschönerung. Dieser ‚‚Zono‘‘ ließ auch eine Steintafel in lateinischer Sprache anbringen, auf der an die Restaurierung erinnert wird.

Ansicht der Monumentaltreppe aus dem 17. Jahrhundert

1646 wurde der Palast erneut restauriert, diesmal im Auftrag von Pietro Dolce, wie eine zweite Steintafel im Innenhof bezeugt, und zwar von Cosimo Fanzago und Bartolomeo Picchiatti.[4] Genau in dieser Zeit wurde vermutlich auch die Monumentaltreppe errichtet, die später, Anfang des 18. Jahrhunderts, erweitert wurde. Während der Pestepidemie von 1656 wurde der Palast von den venezianischen Botschaftern aufgegeben und diente somit als Lager für die Leichen der Seuche. Nach dem zerstörerischen Erdbeben am 5. Juni 1688 wurde der Palast, der durch die Erdstöße stark beschädigt worden war, von Antonio Maria Vincenti vollständig umgebaut.

Eine weitere Steintafel erinnert an einen späteren Umbau, der Cesare Vignola geschuldet ist, während eine letzte Inschrift berichtet, dass Vignola von der Republik des Heiligen Markus mit der Neuanlage der hängenden Gärten betraut worden ist. 1756 wurde ein Flügel des Gebäudes, in dem sich die Gärten befanden, an den Herzog Filomarino di Roccella, den Eigentümer des benachbarten Palazzo Filomarino, abgegeben.[4] Ab 1797 war der Palast nicht mehr Sitz der venezianischen Botschaft.[5]

1816 ging das Anwesen in de Folge des Friedensvertrages von Campo Formio zunächst in den Besitz des Kaiserreichs Österreich und dann des Wiener Kongresses über; später wurde es an den Juristen Gaspare Capone abgegeben, der, nachdem er es für 10.350 Dukaten gekauft hatte,[6] erneut eine Steintafel zur Erinnerung an eine weitere Restaurierung anbringen ließ, die das Gebäude dem damaligen künstlerischen Geschmack anpassen sollte. Aus dieser Zeit stammen die Neuanlage der Gärten und der Bau eines pompeianischen Hauses im ersten Obergeschoss, während auf das Eingangsgewölbe nach dem Portal das Wappen der Markgrafschaft Capone gemalt wurde.[4] Später heiratete Clotilde Capone den Herzog Leonardo Tixon di Vidaurres, der in seiner Militärkarriere in den Jahren 1897–1899 auch in Massaua (Rotes Meer) stationiert war. Der Palazzo Venezia gehört heute noch der Familie Tixon.

Das pompeianische Haus

Den Eingang in den Palast vermittelt ein Portal aus Piperno in einfachem Stil, gefolgt von einem Atrium mit Korbbogengewölbe, auf dem das Wappen der Familie Capone gemalt ist.[4]

Im Innenhof kann man eine auf drei Fassaden verteilte Anordnung sehen: Die mittlere zeigt ein gegenüber den beiden seitlichen abgesenktes Profil und stellt den Eingang, vermutlich zu den früheren Stallungen, dar. Die Monumentaltreppe dagegen entfaltet sich in ihrer gesamten Höhe auf der linken Seite des Hofes und bildet eine der typischen architektonischen Anlagen, die die Treppen der Gebäude in der Stadt kennzeichnen; man sieht also die Kreuzung von drei Rampen zum Innenhof hin durch die Öffnung von drei Rundbögen, von denen die mittleren etwas breiter sind als die äußeren, die dem Lauf der Treppe folgen.[4] Entlang der Wände des Hofes und der Monumentaltreppe gibt es auch diverse Plaketten, die an die Geschichten erinnern, die mit den Umbauten und den Eigentümerwechseln des Palastes verbunden sind.

Die Freskendekorationen der Innenräume sind fast alle verlorengegangen, aber von besonderem Interesse sind die hängenden Gärten mit dem pompeianischen Haus im ersten Obergeschoss, ein Bau, der in der Zeit des Klassizismus eingefügt wurde, gekennzeichnet durch eine Fassade, die in drei Joche, getrennt durch dorische Säulenpaare und mit einem breiten Tympanon darüber, unterteilt ist.[4] Ihr gegenüber liegt in den davor liegenden Gärten eine kleine Kapelle namens „Grotta della Madonnina“, während hinter dem Haus weitere Blumenbeete angelegt wurden.

Kulturelle Aktivitäten

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Ein Teil des Gebäudes im ersten Obergeschoss ist heute kostenlos als historische Wohnung zu besichtigen und dient auch als Raum für dauernde und zeitweise Ausstellungen angewandter Kunst (Krippen, Porzellan usw.); dort ist auch dauernd eine Sammlung klassischer Musik untergebracht, die zur Verbreitung des musikalischen Erbes und zur Aufrechterhaltung der im Gebäude selbst durchgeführten Aktivitäten in Eigenfinanzierung konzipiert ist. Der neapolitanische Unternehmer ‚‚Gennaro Buccino‘‘ hat die Säle des Palastes anlässlich des „Maggio dei monumenti 2009“ (dt.: Mai der Denkmäler 2009) wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und hat sie danach für die Organisation von Serenaden, musikalischen Veranstaltungen und Ausstellung angepasst, um die Kultur, die Tradition und den Auftritt neuer Künstler im neapolitanischen Raum durch Ausstellung ihrer Werke im Palast zu fördern.

Einzelnachweise

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  1. Napoli e dintorni. Touring Club Italiano, Mailand 2007. ISBN 978-88-365-3893-5. S. 164.
  2. Donatella Mazzoleni: I palazzi di Napoli. Arsenale Editrice, 2007. ISBN 88-7743-269-1. S. 52.
  3. Donatella Mazzoleni: I palazzi di Napoli. Arsenale Editrice, 2007. ISBN 88-7743-269-1. S. 55.
  4. a b c d e f Donatella Mazzoleni: I palazzi di Napoli. Arsenale Editrice, 2007. ISBN 88-7743-269-1. S. 59.
  5. Donatella Mazzoleni: I palazzi di Napoli. Arsenale Editrice, 2007. ISBN 88-7743-269-1. S. 56.
  6. La nostra storia. In: Palazzo Venezia. Abgerufen am 23. April 2025 (italienisch).
  • Napoli e dintorni. Touring Club Italiano, Mailand 2007. ISBN 978-88-365-3893-5.
  • Aurelio de Rose: I palazzi di Napoli. Storia, curiosità e aneddoti che si tramandano da secoli su questi straordinari testimoni della vita partenopea. Newton & Compton, Neapel 2004.
  • Donatella Mazzoleni: I palazzi di Napoli. Arsenale Editrice, 2007. ISBN 88-7743-269-1.
Commons: Palazzo Venezia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 40° 50′ 53″ N, 14° 15′ 13″ O