Otto Niedermoser
Otto Niedermoser (* 5. Mai 1903 in Wien, Österreich-Ungarn; † 4. März 1976 ebenda) war ein österreichischer Szenenbildner (Bühnenbild, Filmarchitektur), Architekt und Hochschullehrer.
Ausbildung und Lehrtätigkeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Otto Niedermoser, Sohn des Tapezierermeisters Wilhelm Niedermoser und der Maria Anna geb. Himmelbauer, besuchte ab 1917 die Kunstgewerbeschule in seiner Heimatstadt Wien, wo ihn der Architekt Oskar Strnad und die Textilkünstlerin Rosalia Rothansl unterrichteten, und schloss das Studium 1922 mit Diplom aus Innenarchitektur bei Oskar Strnad ab. Von 1923 bis 1925 war er Assistent an der Fachklasse für Architektur bei Oskar Strnad und arbeitete daneben als selbstständiger Innenarchitekt. 1924 wurde der 21-jährige unter Max Reinhardt mit seiner ersten Bühnenausstattung im Theater in der Josefstadt für Eugene O’Neills Anna Christie – mit dem der Dramatiker kurz zuvor mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet worden war – betraut.
Von 1925 bis 1928 betrieb Niedermoser bei Peter Behrens an der Akademie der bildenden Künste ein Architekturstudium, das er 1928 mit Diplom abschloss.[1] 1930 erwarb Niedermoser die Befugnis als Zivilarchitekt. Zischen 1930 und 1935 war Niedermoser Assistent an der Kunstgewerbeschule (Fachklasse für Innenausbau, Prof. Carl Witzmann). Studienreisen führten ihn nach Dalmatien, Italien, Deutschland, Frankreich und England. Ab 1935 war Niedermoser an der Kunstgewerbeschule selbstständiger Leiter der Klasse für Allgemeine Formenlehre (ab 1936 als Professor) sowie Nachfolger von Oscar Strnads Bühnenbildnerkurs in Verbindung mit dem Max Reinhardt Seminar im Schönbrunner Schlosstheater.

Als Hochschulprofessor leitete der mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Wiener ab 1950 neben der Meisterklasse für Bühnen- und Filmgestaltung auch die Meisterklasse für Möbelbau und Raumgestaltung an der Akademie – ab 1970 Hochschule – für angewandte Kunst in Wien bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1973.
Theater und Filmausstattungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zwischen 1924 und 1975 schuf Otto Niedermoser für mehr als 260 Werke das Bühnenbild. Als bevorzugte Kostümbildnerin Niedermosers ist an erster Stelle Elli Rolf (1913–2000) zu nennen, die mehr als 25 seiner Theaterproduktionen aber auch die Filme Sommerliebe und den Science-Fiction-Film 1. April 2000 ausstattete. Angesichts dieser Fülle von Aktivitäten belaufen sich Niedermosers szenografische Arbeiten für den Film zwischen 1936 und 1952 gerade auf ein Dutzend. 1963 kehrte er noch einmal zum Kino zurück und entwarf die Bauten, die der einst aus Wien nach Hollywood emigrierte Schauspieler und Filmregisseur Otto Preminger für die Wiener Sequenzen seines Films Der Kardinal benötigte. Die Zusammenarbeit Niedermosers mit Preminger hatte 1927 mit der Ausstattung für Der glückliche Gatte im Theater in der Josefstadt seinen Anfang genommen, der vor dem Zweiten Weltkrieg 18 weitere Produktionen folgten. Übrigens inszenierte Otto Preminger, der 1935 nach Amerika emigriert war, in New York 1938 Ralph Benatzkys Operette Der König mit dem Regenschirm in der Bühnenausstattung Niedermosers von der Uraufführung am Theater in der Josefstadt aus 1935.
Bauwerke, Umbauten und Innenausstattungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Neben seiner intensiven Theatertätigkeit fand Otto Niedermoser auch die Zeit für die Arbeit jenseits der schönen Künste. So entwarf er auch in den Arbeitsbereichen Hochbau und Innenarchitektur: 1932 entstanden nach seinen Entwürfen zwei Reihenhäuser in der Wiener Werkbundsiedlung[2], 1941 gestaltete er das Theater der deutsch-besetzten lothringischen Hauptstadt Metz neu. Etwa zeitgleich entstanden im staatlichen Auftrag in Metz die Ausstattungen von Regierungsgebäude und Wirtschaftskammer nach Niedermosers Entwürfen sowie das Haus Bürckel in Saarbrücken. 1950 renovierte er das Theater in der Josefstadt, 1955–1957 erfolgte die Instandsetzung und der Umbau der Urania in Wien. Zwischen 1960 und 1962 leitete Niedermoser den Umbau des Theaters an der Wien, 1963 die Renovierung der Synagoge in Wiens Seitenstettengasse. 1973 übernahm er den Umbau der Wiener Kammerspiele am Fleischmarkt.[1]
Familie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Otto Niedermoser heiratete 1928 die Architektin Friederike Domnosil (* 13. Oktober 1904 in Wien; † 2000). Sie hatte von 1922 bis 1924 auch an der Kunstgewerbeschule bei Oskar Strnad und Carl Witzmann studiert.[3] Nach der Heirat gab sie ihre selbständige Arbeit auf und war im Atelier ihres Mannes tätig. Später leitete sie die Möbelfirma Niedermoser. Die Kostüm- und Bühnenbildnerin Gabriele Niedermoser (* 1933), ehemalige Professorin der Universität für angewandte Kunst Wien, ist die Tochter von Otto und Friederike Niedermoser.[4]


Otto Niedermoser ist auf dem Wiener Zentralfriedhof bestattet (Gruppe 40).
Zu seinen Ehren wurde in Wien 22 eine Straße nach ihm benannt (Niedermoserstraße).
Filmografie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1936: Silhouetten
- 1942: Sommerliebe
- 1944: Das Herz muß schweigen
- 1944/49: Wie ein Dieb in der Nacht
- 1947: Singende Engel
- 1948: Der Engel mit der Posaune
- 1948: Nach dem Sturm
- 1949: Eroica
- 1949: Der Seelenbräu
- 1950: Cordula
- 1951: Wien tanzt
- 1952: 1. April 2000
- 1963: Der Kardinal (nur österr. Bauten)
Auszeichnungen und Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1926: Goldene Fügermedaille
- 1927: Rompreis
- 1934: Ehrenurkunde Wr. Kunstgewerbe-Verein
- 1949: Preis der Stadt Wien für Architektur
- 1963: Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse
- 1963: Goldener Ehrenring der Landesinnung der Tischler
- 1968: Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold
Publikationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Raumeinteilung im Kleinhaus. In: Schönes Wohnen 1.1927, 1. H., S. 20.
- Neues Wohnen. Wien 1952
- Otto Niedermoser: Schön Wohnen. Schöner Leben. Humboldt Verlag, Frankfurt am Main / Wien 1954.
- Oskar Strnad: 1879–1935. Wien 1965
- Ein Haus in Sievering, In; profil 3.1935, H..9, S. 424f.
- Ist ein Gesamtkunstwerk – Architektur, Malerei, Plastik – heute noch möglich? In: profil 16.1961, Oktober, Sonderheft, S. 2 f.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 5: L – N. Rudolf Lettinger – Lloyd Nolan. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 674.
- Hochschule für angewandte Kunst in Wien (Hrsg.): Elli Rolf – Entwürfe für Bühne Film und Mode 1930-1980. Wien 1983.
- Annemarie Bönsch: Wiener Bühnen- & Filmausstattung, Otto Niedermoser 1903-1976. Böhlau, Wien 2003, ISBN 3-205-77120-6.
- Heinz P. Adamek: Otto Niedermoser (1903–1976), Jung Wien – eine Versuchung. In: Heinz P. Adamek: "KUNSTAKKORDE – diagonal". Wien 2016, ISBN 978-3-205-20250-9, S. 136–153.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Otto Niedermoser bei IMDb
- Otto Niedermoser. In: Architektenlexikon Wien 1770–1945. Herausgegeben vom Architekturzentrum Wien. Wien 2007.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Otto Niedermoser. In: Architektenlexikon Wien 1770–1945. Herausgegeben vom Architekturzentrum Wien. Wien 2007.
- ↑ http://www.cs-design.at/werkbundsiedlung/niedermoser.html (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Sabine Plakolm-Forsthuber: Künstlerinnen in Österreich 1897–1938. Malerei – Plastik – Architektur. Picus-Verlag, Wien 1994, ISBN 3-85452-122-7, S. 273.
- ↑ Niedermoser Friederike. In: Ilse Korotin (Hrsg.): biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 2. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2016, ISBN 978-3-205-79590-2, S. 2387 (online).
Personendaten | |
---|---|
NAME | Niedermoser, Otto |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Szenenbildner und Hochschullehrer |
GEBURTSDATUM | 5. Mai 1903 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 4. März 1976 |
STERBEORT | Wien |
- Architekt (Wien)
- Szenenbildner
- Hochschullehrer (Akademie der bildenden Künste Wien)
- Träger des österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst I. Klasse
- Träger der Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold
- Ehrenringträger (Österreich)
- Person (Cisleithanien)
- Österreicher
- Geboren 1903
- Gestorben 1976
- Mann