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Seibert in Wetzlar: Photoobjektive und Robert Koch

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Seibert in Wetzlar: Photoobjektive
Seibert Photoobjektive; um 1873. Diese Photoobjektive sind bez�glich der Aberationen auf ein m�glichst kontrastreiches und planes Bild korrigirt. Sie dienen dazu mikroskopische Bilder auf Fotoplatten zu bannen. Die Firma Seibert bietet als einer der ersten deutschen Hersteller eigens f�r derartige Zwecke geschaffene Objektive an.

Seibert in Wetzlar: Photoobjektiv 1/2 Zoll Seibert in Wetzlar: Photoobjektiv 1/2 Zoll Der Preis derart optimierter Objektive liegt um das doppelte bis dreifache �ber dem Preis von einfachen Achromaten mit gleichen Vergr��erungen - die teuren Apochromate sind zu dieser Zeit noch nicht bekannt.

Das hier gezeigte Objektivset wird in einer passenden Holzschatulle aufbewahrt. Objektive der Firma Seibert bzw. des Vorg�ngers Gundlach sind mit r�mischen Zahlen fortlaufend mit der Vergr��erung ansteigend nummeriert.

Seibert in Wetzlar: Photoobjektiv 1/4 Zoll Seibert in Wetzlar: Photoobjektiv 1/4 Zoll
Diese Fotoobjektive dagegen weichen in der Systematik der Nummerierung ab und sind bezeichent mit der Brennweite der �quivalenten Linse. Zus�tzlich tragen die Objektive einen Hinweis auf ihre Bestimmung und sind demnach graviert mit Seibert Photogr. 1/2 Zoll, Seibert Photogr. 1/4 Zoll und Seibert Photogr. 1/8 Zoll.
Seibert in Wetzlar: Photoobjektiv 1/8 Zoll Seibert in Wetzlar: Photoobjektiv 1/8 Zoll Das vierte angebotene Objektiv f�r Mikrofotografie�kann in einem etwas j�ngeren Set von Seibert Photographischen Objektiven gezeigt werden.

Ein Immersionsobjektiv mit Korrektionsring�von Gundlach vervollst�ndigt den Satz. Es tr�gt die Gravur E. Gundlach /�No VII / Immersion. Gundlach wird ab 1868 f�r seine Immersionsobjektive ber�hmt. Dieser Zusammenstellung der Objektive nach zur urteilen stammt das hier gezeigte Set aus der Zeit um 1873.

E. Gundlach Objektiv No. VII E. Gundlach Objektiv No. VII
Aus dem Preis-Courant des Optischen Institutes von E. Gundlach Berlin aus dem Juli 1868 ergibt sich:

Focus d.
aequiv. Linse.

Oeffnungs-
Winkel.

Thlr.
Objectiv Nr. I.

1 Zoll

18 Grad

.....

4

Objectiv Nr. II.

1/2 Zoll

38 Grad

.....

4

Objectiv Nr. IV.

1/4 Zoll

80 Grad

.....

6

Objectiv Nr. V.

1/8 Zoll

150 Grad

.....

8

Objectiv Nr. VI.

1/12 Zoll

175 Grad a) ohne Correctionsschraube..

10

b) mit Correctionsschraube.....

15

Immersions-Linse

Objectiv Nr. VII.

1/14 Zoll

175 Grad a) ohne Correctionsschraube..

12

b) mit Correctionsschraube.....

18

[...]

Mikro-photographisches Objectiv 1 �Zoll Brennweite....

12

Mikro-photographisches Objectiv 1/2 Zoll Brennweite...

10

Mikro-photographisches Objectiv 1/4 Zoll Brennweite...

10

Mikro-photographisches Objectiv 1/8 Zoll Brennweite...

15

Aus dem Preisverzeichniss der Mikroskope von Seibert und Krafft (E. Gundlach's Nachfolgern) in Wetzlar aus dem Jahrer 1876 ergibt sich f�r herk�mmliche (achromatische), sowie f�r s�mtliche angebotenen fotografischen Objektive:

Objektiv

Fokus d. �quiv.
Linse.

Oeff.- Winkel.

Grad.

Mark
engl. Zll. Millim.
Nr. I.

1

25,4

20

18.-

Nr. II.

1/2

12,7

38

18.-

Nr. IV.

1/4

6,4

80

27.-

Nr. Va.

1/8

3,2

150

36.-

[...]

Mikro-photographisches Objektiv, 1 �Zoll Brennweite....

36.-

Mikro-photographisches Objektiv, 1/2 Zoll Brennweite...

30.-

Mikro-photographisches Objektiv, 1/4 Zoll Brennweite...

30.-

Mikro-photographisches Objektiv, 1/8 Zoll Brennweite...

45.-

Wilhelm Seibert Heinrich Seibert Wilhelm (1840 – 1925) und Heinrich (1842 – 1907) Seibert gehen beide bei Carl Kellner, mit dem sie �ber ihre Mutter verwandt sind, und dessen Nachfolger Friedrich Belhtle in die Lehre. Sie arbeiten zusammen Ende der 1850er f�r Ernst Gundlach, ein Optiker der seinerseits sowohl bei Edmund Hartnack als auch bei Belthle gearbeitet hat. Gundlachs Unternehmen geht jedoch schon nach einem Jahr ein.

Nachdem die Br�der Erfahrung in anderen Betrieben gesammelt haben, arbeiten beide sp�ter wieder f�r Belthle in Heimarbeit.

Schlie�lich beliefern sie ausschlie�lich Gundlachs neue Firma in Berlin. Als jener in Zahlungsschwierigkeiten kommt, machen sie sich 1872 mit dem Wetzlarer Kaufmann Georg Krafft selbst�ndig. Im selben Jahr kaufen sie Gundlachs Werkst�tte auf und verlegen sie 1873 nach Wetzlar. 1884 wird Krafft ausbezahlt und das Unternehmen in "W. & H. Seibert" umbenannt.

An den hier gezeigten Photoobjektiven kann der Einflu� der Optik und deren Bedeutung f�r die Medizin sehr anschaulich aufgezeigt werden.

Zeichnungen von Robert Koch und Ferdinand Julius Cohn zur Keimung von Milzbrandsporen mit Optiken von Hartnack bzw. Seibert Ausschnitt aus Tafel XI, Robert Koch: Untersuchung über Bacterien, V. Die Aetiologie der Milzbrand-Krankheit, begründet auf die Entwicklungsgeschichte des Bacillus Anthracis von Dr. Koch, Kreisphysikus in Wollstein (Ferdinand Julius Cohn [Herausgeber]: Beiträge zur Biologie Dr. Robert Koch beschreibt in seinem viel beachteten Beitrag Untersuchung �ber Bacterien, V. Die Aetiologie der Milzbrand-Krankheit, begr�ndet auf die Entwicklungsgeschichte des Bacillus Anthracis von Dr. Koch, Kreisphysikus in Wollstein (Ferdinand Julius Cohn [Herausgeber]: Beitr�ge zur Biologie der Pflanzen II (1), Breslau 1876) im Mai 1876 die f�r diese Arbeiten verwendeten Optiken.

W�hrend f�r die mikroskopische Arbeiten mit dem Heiztisch Hartnack Obj. 7 Ocul. 3 (ebd. p. 284) von Koch benutzt werden, zieht er bei genaueren Untersuchungen mit st�rkeren Vergr�sserungen (z.B. Hartnack immers. 9) (ebd. p. 289) heran. Robert Kochs wissenschaftlicher Mentor und Herausgeber der Zeitschrift, Ferdinand Julius Cohn, fertigt f�r den hier erw�hnten Artikel eine Zeichnung der Bazillen im �bergang zu Sporen mit seinem System Seibert immers. VIII (ebd. p. 289) an. Zu Figur Nr. 5 hei�t es (ebd. p. 309): Keimung der Sporen; a mit Hartnack 9 Imm. von Koch, b mit Seibert VIII. Imm von Cohn gezeichnet (vgl. p. 289).

Durch die Anregung von Ferdinand Julius Cohn bestellt Robert Koch im Juli 1876 bei der Firma Seibert & Krafft �einen mikrophotografischen Apparat, der am 7. Oktober 1876 geliefert wird. In der Bestellung hei�t es: Mit Arbeiten �ber Bacterien besch�ftigt, bin ich auf un�berwindliche Schwierigkeiten gesto�en, diese kleinsten Organismen genau durch Zeichnung wiederzugeben und hoffe, dieses Hindernis durch Anwendung der Mikrophotographie beseitigen zu k�nnen. [...] Nach allen Erkundigungen, welche ich �ber diese Angelegenheit eingezogen habe, wurde mir, namentlich auch im pflanzenphysiologischen Institut zu Breslau, Ihr optisches Institut als dasjenige empfohlen, welches die besten Apparate f�r Mikrophotographie liefert. [...] Am liebsten w�re mir ein Apparat, welcher sich an einem Mikroskop Nr. VII von Hartnack (zum Umlegen eingerichtet) anbringen lie�e und auch die Benutzung der Hartnack'schen Objective gestattete. [...]

Auszug aus dem Auslieferungsbuch von W. & H. Seibert, Abb. aus: Helmut Baden: Sammlerinfo 4, Selbstverlag, Wölferlingen 1986

Im November 1876 schreibt Robert Koch an Ferdinand Julius Cohn (1828 - 1898) zur photographischen Wiedergabe seiner Pr�parate: [...] Das Verfahren selbst ist sehr einfach und ich habe sehr bald so viel �bung erlangt, da� ich leidliche Bilder�von den Sechsecken des Pleurosigma angulatum (der Pr�fstein der Mikrophotographie) herzustellen vermochte. Darauf habe ich mich gleich an die Bacterien gewagt und recht gute Negative mit Hartnack imers 9. von Spirochaete plicatilis, Mikrokokkenkolonien, �u�erst kleinen Bacterien und einigen anderen Pr�paraten (welche alle schon vor einigen Monaten gemacht sind) angefertigt.�[...]

Von der Leistung des Apparates offenbar �berzeugt erfolgt bereits am 25. Dezember 1876 die Bestellung eines Mikroskopstativ Nr. 3 mit den Photoobjektiven 1 Zoll, 1/4 Zoll und 1/8 Zoll , den Immersionssystemen VII, VIII und IX sowie den Okularen 0, I und III:

Wollstein (Prov. Posen) den 25 Dec. 1876

Hochverehrter�Herr!

Durch meine mikrophotogrphischen Arbeiten bin ich mit Herrn H�ttendirektor Janisch und Herrn Professor Fritsch bekannt geworden. Letzterer Hatte die Freundlichkeit, mir seinen photographischen Apparat und die damit hergestellten Photogramme zu �zeigen. In Folge dessen m�chte ich meinem Apparat eine �hnliche Einrichtung geben und namentlich auch, da ich von beiden Herrn so viel R�hmliches �ber Ihre Objektive geh�rt habe, ein Mikroskop von Ihnen zu meinen Arbeiten benutzen.
Ich bitte daher um �bersendung eines Mikroskop-Stativs No 3 Ihres Catalogs, also mit Gelenk zum Umlegen etc. Als Objektive w�rde ich dazu w�hlen: mikrophotogr. 1 Zoll, 1/4 Zoll, 1/8 Zoll Brennweite, ferner No VIIb, VIII und IX; als Oculare No 0, I, III. In Voraussetzung dass der fr�her von Ihnen bezogene Condensator [sic!] �zu diesem Instrumente passen wird, w�rde ich denselben weglassen. [...]

Reproduktion eines Briefes von Robert Koch an die Firma Seibert in Wetzlar. Abb. aus: W. & H. Seibert Wetzlar Optisches Institut G.m.b.H.: Mikroskope, Katalog Nr.55; Wetzlar um 1932

Reproduktion eines Briefes von Robert Koch an die Firma Seibert in Wetzlar. Abb. aus: W. & H. Seibert Wetzlar Optisches Institut G.m.b.H.: Mikroskope, Katalog Nr.55; Wetzlar um 1932

Ein Stativ Nr. 3 mit Beleuchtungslinse wird an Dr. Koch, Kreisphysikus in Wollstein laut Bestellung vom 25.12.1876 f�r 678 Mark geliefert.

Kopie der Seite 130 des Auslieferungsbuches von W. & H. Seibert mit Lieferung der Bestellung von Robert Koch

Die Erwartungen Kochs werden offenbar �bertroffen und er schreibt bereits am 22. Februar 1877 in einer Karte an die Wetzlarer Firma:

Hierdruch die ergebenste Mittheilung, da� das Mikroskop in gutem Zustande angelangt ist. Nach der v�rl�ufigen Pr�fung, welche ich damit bislang vornehmen konnte, entspricht es nicht nur einen Erwartugen, sondern �bertrifft dieselben. Der Schl�ssel zum Kasten fehlte; vielleicht senden Sie ihn gelegentlich nach. Den Betrag der Rechnung vom 17ten Febr. habe ich heute durch Postanweisung abgesandt.

Wollstein, den 22ten Febr. 1877 � � � � � � � Mit gr��ster Hochachtung, ergebenst, Dr. Koch

Reproduktion eines Briefes von Robert Koch an die Firma Seibert in Wetzlar. Abb. aus: W. & H. Seibert Wetzlar Optisches Institut G.m.b.H.: Mikroskope, Katalog Nr.55; Wetzlar um 1932

Als Beleuchtungslinse bei den mikrofotografischen Aufnahmen verwendet Koch mit sehr gutem Erfolg [...] ein mikroskopisches Objectivsystem (Hartnack's Objectiv 2 oder 4), welches in die Blendenh�lse unter dem Objecttisch geschoben wird.

In der darauffolgenden Ver�ffentlichung Untersuchung �ber Bacterien, VI. Verfahren zur Untersuchung, zum Conserviren und Photographiren von Bacterien von Dr. Koch, Kreisphysikus in Wollstein (Ferdinand Julius Cohn [Herausgeber]: Beitr�ge zur Biologie der Pflanzen II (3), Breslau 1877) hei�t es auf S. 412: Was die Wahl der Mikroskopobjective betrifft, so gebrauchte ich zuerst Hartnack'sche Objective (No. 7 und 9 immers), war aber von den damit angefertigten Bildern wenig befriedigt. Dann schaffte ich mir die Seibert und Krafft'schen photographischen Objective 1 Zoll, 1/4 Zoll, 1/8 Zoll und dessen Immersionssysteme 7, 8 und 9 an und erreichte damit so gute Resultate, dass ich nur noch mit diesen Objectiven gearbeitet habe.

Entsprechend schreibt Koch am 10. Februar 1878 an Seibert:

Wollstein (Prov. Posen) d. 10 Feb. 1878

Hochverehrter Herr!

Vor ungef�hr einem Jahr erhielt ich von Ihnen ein Mikroskop mit den photographischen Systemen 1 Zoll, 1/4 Zoll u. 1/8 Zoll und Immersions-Systemen 7, 8 und 9. Mit H�lfe dieses Instrumentes ist es mir gelungen, nicht unwichtige Entdeckungen zu machen, um was es mir haupts�chlich zu thun war, eins der schwierigsten mikroskopischen Objektive durch photographische Abbildung weiteren Kreisen zug�nglich zu machen. Da es Ihnen vielleicht nicht uninteressant sein wird, den Erfolg meiner Arbeiten kennen zu lernen, so erlaube ich mir Ihnen einen Abdruck derselben zu �bersenden; doch bemerke ich noch in Betreff der Photogramme, da� die Original-Negative erheblich feiner und sch�rfer sind, als es hier durch den Lichtdruck wiedergegeben ist, Aber auch in Form der Papierabdrucke haben meine Photogramme vielen Beifall gefunden und manches Lob eingetragen, das nat�rlich weniger mir, als Ihren ausgezeichneten Systemen gilt. Bei den Arbeiten mit Ihren Systemen habe ich die �berzeugung gewonnen, da� die photographischen Systeme vorz�gliche Leistungen Ihrer Kunst sind. [...] Mit No IX habe ich besonderes Ungl�ck gehabt. Eine der Linsen ist, ohne da� es mir klar ist, auf welche Weise dies geschehen konnte, zersprungen. [...]

Reproduktion eines Briefes von Robert Koch an die Firma Seibert in Wetzlar. Abb. aus: W. & H. Seibert Wetzlar Optisches Institut G.m.b.H.: Mikroskope, Katalog Nr.55; Wetzlar um 1932

Reproduktion eines Briefes von Robert Koch an die Firma Seibert in Wetzlar. Abb. aus: W. & H. Seibert Wetzlar Optisches Institut G.m.b.H.: Mikroskope, Katalog Nr.55; Wetzlar um 1932

Das besagte Objektiv Immersion IX wird nach dem Werkstattbuch von Seibert am 22. Februar 1878 repariert und an Robert Koch zur�ck geschickt.

Kopie aus dem Auslieferungsbuch von W. & H. Seibert mit Lieferung der Bestellung von Robert Koch

Als der Beginn der modernen Bakteriologie gilt der Nachweis, dass Mikroorganismen als Krankheitserreger wirken. Um dies nicht nur�logisch erkennen, sondern auch sehen zu k�nnen, sind leistungsf�hige mikroskopische Optiken notwendig. Robert Koch gelingt die Beschreibung des Milzbranderregers und dessen Dauerform, der Sporen 1876. Koch beschreibt erstmals die damit verbundene Infektionskrankheit in ihren Zusammenh�ngen mit Optiken von Edmund Hartnack. Die nicht minder bedeutsamen ersten Fotos von pathogenen Mikroorganismen durch Robert Koch werden wie hier ausf�hrlich dargelegt mit Optiken von W. & H. Seibert 1877 und 1878 erstellt.

F�r sp�tere Arbeiten in Wollstein ab 1878 bedient sich Robert Koch nachweislich der neu eingef�hrten homogenen �limmersion von Carl Zeiss, insbesondere im Zusammenhang mit dem Abbe'schen Beleuchtungsapparat. In den dazu ver�ffentlichten Schriften lobt Koch ausdr�cklich die Qualit�t der Optiken von Zeiss und Seibert.


23.03.2008 by Timo Mappes

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